Werbeflyer für die Veranstaltung

Einleitung

Der folgende Beitrag war diente als Einleitung der Veranstaltung »Warum das BAföG so abgefuckt ist: Was würde ich ändern?« der DGB Hochschulgrupe Dresden. Danach folgte der inhaltliche Kern von Sonja Bolenius, der Ansprechpartnerin für Hochschul- und Wissenschaftspolitik des DGBs.

Diese Veranstaltung hält sich hinsichtlich ihrer emotionalen Rezeption des Themas BAföG keinesfalls bedeckt.

Beitrag

Das BAföG ist »abgefuckt«, finden wir als DGB Hochschulgruppe Dresden, also diejenigen, die den heutigen Abend ausgeschrieben haben. Jetzt könnte man hergehen und schauen, wie man anhand gewisser Feststellungen im Alltag zeigen kann, dass irgendetwas Objektives und Grundlegendes am BAföG verkehrt ist; also wenn wir mal der Annahme sind, es ginge bei der Förderung wirklich darum, ein Studium angenehmer zu gestalten.

Was für ein Akt die Förderung durch das aktuelle BAföG sein kann, und zwar bei weitem kein schöner, das möchte ich nun anhand meines persönlichen Beispiels zeigen. Ich spreche also als Betroffener und rede von den Schwächen des BAföG; betroffen war ich insofern, dass für mich das Erhalten einer Förderung überhaupt enorm lästig, mühselig und deprimierend gewesen ist, Existenzsorgen bereitet hat und irgendwie ironischerweise vom Studium eine ganze Zeitlang abhielt, wenigstens bis überhaupt einmal Geld floss – und wie zuverlässig ist die Regelmäßigkeit ab dann überhaupt?

Bevor ich meinen Fall kurz schildere, möchte ich erwähnen, dass man hier das Mitleiden, aber vor allem die Moral etwas zurückfahren sollte. Man sollte sich diesen und andere Fälle ansehen, überlegen was das BAföG eigentlich sein soll und abgleichen ob diese Fälle wirklich Missstände sind, also struktureller Natur und das BAföG folglich der grundsätzlichen Anpassung bedarf oder ob das BAföG eine ganz andere Rolle einnimmt und derartige Probleme anderweitigen Ursprunges sind. Das folgende echte Beispiel soll näher bringen, warum sich eine elternunabhängige Gestaltung der Förderung für alle lohnen könnte.

Seit diesem Wintersemester bin ich zwar an der TU Dresden eingeschrieben, habe aber erst im abgelaufenen Sommersemester das Studium des B.Sc. »Informatik und Computerlinguistik« an der LMU in München, das ich im Wintersemester 2019/20 begann, abgeschlossen. Ich stamme aus einer arbeitenden Familie, meine Mutter arbeitet abwechselnd bei der Zustellung in der Privatpost und in der Personalbeschwerdestelle, Netto gibt’s wenig. Mein Vater war zwar ab 16 Abbrucharbeiter und später Fernfahrer, aber aufgrund gesundheitlicher Probleme und einer Autoimmunkrankheit konnte er ungefähr um meinen Studienbeginn herum nicht mehr wirklich arbeiten. Seine gesundheitliche Entwicklung war der Ursprung meiner Probleme mit dem BAföG. Da mein Vater erst Krankengeld bekam, dann später Übergangsgeld, usw. hat sich bei ihm permanent etwas verändert. Und hier darf man nicht vergessen, dass die Förderung oft auf Gehältern der Eltern von vor zwei Jahren basiert! Also hier eh zu hoch verrechnet wurde. Da könnte man Anträge stellen, aber warum ich davon abgesehen habe ergibt sich gleich noch. Später konnte mein Vater gar nicht mehr körperlich arbeiten und konsultierte einen Anwalt um Frührentenanspruch zu erhalten. In dieser Zeit musste ich also regelmäßig Nachweise nachliefern wodurch die Förderung aussetzte – und zwar lange. Und wieso? Weil das Studierendenwerk München zusätzlich Personalmangel hatte und Anträge bei Krankheitsfällen der Sachbearbeitenden nicht etwa anders verteilte, sondern aufschob. Und jedes mal wenn man etwas nachgereicht hatte, ging der Antrag noch weiter nach hinten in den Stapel. Dass ich also von der Beantragung von Vorauszahlung oder Anpassungen der Gehälter meiner Eltern absah, lag also daran, dass ich Angst hatte, mein Antrag geht noch weiter nach hinten und ich sehe noch länger kein Geld. Lieber zahlreiche Euro weniger, als gar keine; so der Gedanke. Übrigens, und das ist irgendwie ein bisschen etwas Privates, hat die Arbeitsrealität meines Vaters auch unübrraschend die Ehe meiner Eltern geprägt und zwar so, dass meine Mutter physisch getrennt leben wollte und zwar lange genug, dass man den Ehestatus als »Dauerhaft getrennt« deklarieren konnte. Mehr Geld für mich wäre da zwar drin gewesen, aber dieser Status wurde eh erst in der letzten Nachzahlung beachtet, die ich erst nach dem abgelaufenen Sommersemester erhalten hatte. Jedenfalls hatte ich während des Studiums eine Phase in der sechs Monate kein Geld kam, und dann noch eine mit soliden zwölf Monaten an Nachzug. Nachzahlungen gab es also eben zwar, aber die Zeit ist trotzdem trocken verlebt und in krassester Sparsamkeit mehr oder weniger verloren gegangen. Ein Glück bin ich Schwabe. Ich ging übrigens in diesen Jahren mehrmals der Arbeit nach, einmal als Software-Ingenieur in der Wirtschaft und einmal bei einem Forschungszentrum des Freistaates Bayern. Einigen Freund:innen und Kommiliton:innen ging es ähnlich; und so manche Person unter ihnen musste das Studium vernachlässigen, weil die Miete in München bekanntlicherweise ja auch hoch ist – und zuverlässig bezahlt sein will.